Zurück im Norden – Alltagsgedanken

Zuhause. Nach unserer Süden-Tour war es schön, ist es schön, wieder zuhause am Meer zu sein. Wie alt das Foto ist, wegen den Badenden? Drei Tage. Luft 18 Grad, Wasser 13. Und das tagelang in der zweiten Oktoberhälfte!

Unsere Rücktour aus dem Harz war mehr ein Kaffee-Hopping durch meine Alte Heimat. Kurzbesuch hier, Klönschnack dort. Na ja, und oft kamen wir neben dem obligatorischen wie geht es dir / wie schaut’s aus bei euch (?) und den sonstigen Banalitäten des Alltags auch auf die derzeitigen Krisen zu sprechen. (Fast) Jeder macht sich halt so seine Gedanken … und die Medien befeuern die auch noch ordentlich. Aber das ist deren Job und niemand ist gezwungen eine Zeitung zu lesen oder Sendung anzusehen 😉

Wenn ich eins mitgenommen habe, dann dass es eine große Unzufriedenheit mit unserer Ampelregierung gibt. Gar nicht mal prinzipiell, sondern wegen der vielen Fragezeichen beim jüngsten Entlastungpaket, was bedeutet das für den Einzelnen, und dass jeder Streit auf offener Bühne ausgetragen wird. Das schafft kein Vertrauen und so wundert es nicht, dass die Ampelparteien SPD FDP Grüne jüngsten Umfragen zufolge – so wurde mir das gesagt – bei der so genannten Sonntagsfrage keine Mehrheit mehr hätten. Ok, mag so sein, aber was wäre die Alternativen? Nee, die will ich mir lieber nicht ausmalen 😉

„Du hast ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung“

Diesen Spruch habe ich im Büro meiner Tochter gesehen und a) kannte ich den noch nicht und b) finde ich den originell. Vielleicht ist das auch so ein bisschen das Dilemma unserer Tage. Nehmen wir bspw. nur mal diese beiden Zeitschriften, denen man im weitesten Sinne noch das Prädikat Qualitätsmedien anheften kann – jedenfalls gibt es viele, die sind viel schlimmer. Was sie und ähnliche gemein haben, dass ist ihr Meinungsjournalismus. Und so kommen wir auch schnell zum Mainstream, usw., usw.. Aber da will ich gar nicht hin, das ist ein anderes Thema.

Nein, ich möchte zum Schluss mein Augenmerk auf eine Reportage von Jessy Wellmer gestern Abend im Ersten richten: Russland, Putin und wir Ostdeutsche – für ein Jahr noch in der ARD-Mediathek zu sehen – und nein, man muss kein Fable für soziologische Themen haben, um sich diesen 45-Minuten-Film anzusehen.

Text von der ARD-Seite:
Die Journalistin und (Sportschau)-Moderatorin Jessy Wellmer hat sich auf eine sehr persönliche Reise durch den Osten Deutschlands begeben. 1979 geboren im mecklenburgischen Güstrow, hat der russische Angriffskrieg auch in ihrer Familie für intensive Diskussionen gesorgt, die letztlich der Auslöser für diesen Film waren. Wie ticken die Ostdeutschen in Sachen Russland? Warum gibt es hier häufig eine größere Nähe gegenüber Russland? Und was sagt das über Gräben aus, die in der deutschen Bevölkerung auch mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall immer noch existieren? …
Ja, es gibt verschiedene Blickwinkel auf ein und dieselbe Realität und das hat auch etwas mit der unterschiedlichen Sozialisation der Menschen zu tun. Leider verfangen sich manche dazu in der rechten Propaganda auf irgendwelchen Kanälen und sind den um Objektivität bemühten und sich auf Fakten berufende Medien nicht zugänglich – denn das ist ja angeblich der Mainstream und der ist gesteuert. Es gibt ergo keinen Konsens und das ist schade, weil der für eine Debatte so wichtig ist.

Zuhause. Ja, es gibt ganz schön viel Meinung in diesem Herbst. Bisweilen gepaart mit wenig Ahnung. Zuletzt oft gehört: Die Chinesen wollen den Hamburger Hafen kaufen … ist so ein Beispiel dafür. Nein! Die chinesische Reederei COSCO will 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Terminals Tollerort übernehmen – dem kleinsten der vier Containerterminals im Hamburger Hafen – und nicht den Hamburger Hafen. Nun mag man das gut finden oder nicht, selbst wenn es nur 24,9 Prozent werden sollten und damit der Einfluss der Chinesen begrenzt wäre, einfach nur aus Prinzip wegen der Erfahrungen mit Russland dagegen zu sein, ist auch nicht wirklich zielführend. Folgende Frage steht doch im Raum: Wenn COSCO sagt, ihr werdet zu einem bevorzugten Hafen, wenn ihr die Beteiligung annehmt, dann heißt das im Umkehrschluss …? Unser CDU-SH-Ministerpräsident Günther hat jedenfalls Ahnung, sagt man, und auch eine Meinung, sagt er: Uns in Schleswig-Holstein ist wichtig, dass der Hamburger Hafen wirtschaftlich erfolgreich ist, dass dort investiert wird. Klar, denn davon würde auch unser Bundesland profitieren.

Einen schönen Herbst noch, bleibt munter!


038 [Inhaltsverzeichnis]

Banksy – Hamburg-Ausstellung

Banksy ist … auf alle Fälle Street-Art-Kunst, jedenfalls für mich, für den Rest empfehle ich Wikipedia.

Freitag waren wir in Hamburg in seiner Ausstellung. Wobei in seiner so nicht richtig ist, denn Banksy, wer auch immer sich hinter dem Namen verbergen mag, ist selbst nicht der Organisator. Deshalb heißt es in der Werbung bzw. auf den Plakaten auch:
AN UNAUTHORIZED EXHIBITION
Will heißen: Getreu dem Banksy-Motto „Copyright is for losers ©TM“ sind die gezeigten Werke erstens keine Originale, sondern originalgetreue Reproduktionen, und zweitens aufgrund seines anonymen Status nicht vom Künstler autorisiert. Sie sollen eine Hommage an den Künstler sein. Kritiker hingegen sagen, dass man hier nur mit Banksy Geld verdienen will, quasi als Trittbrettfahrer. Ok, aber uns ist das schnurzpiepegal. Persönlich mag ich Banksys Werke, weil sie viel Raum für Interpretationen lassen. Wenn man dann um den Hintergrund der einzelnen Bilder weiß, betrachtet man sie vielleicht aus einem anderen Blickwinkel wie durch eine andere Kamera 😉 Hier meine Top 10 … der Beitrag wird also etwas länger:

Mein Platz 10: Happy Choppers. 2005. Dieses Ölgemälde mit Hubschraubern soll den Konflikt zwischen Israel und Palästina in den Mittelpunkt stellen. Es wurde als unsignierter Siebdruck von POW (Pictures On Walls) verkauft und für Banksys 2005 in London eröffnete Ausstellung „Crude Oils“ neu produziert. Die schöne Landschaft bildet den Hintergrund für ein echtes Drama, das sich als Geschenk mit Schleife tarnt: das des Krieges und der Invasion. Banksy erhebt einmal mehr seine grafische Stimme, um die Gesellschaft mit ihrer glamourösen und romantischen Vision des Krieges in Frage zu stellen – für mich aktueller denn je.
Mein Platz 9: The Makeup. 2018. Ein Graffiti im Graffiti: Ein Schwarzes Kind bedeckt mit einem entzückenden rosa Muster, welches Ähnlichkeit mit einer viktorianischen Tapete hat, ein Nazi-Hakenkreuz. Sie radiert es nicht aus. Sie mildert es nur ab, überzieht es mit einem schönen Schleier, einem Make-up, das etwas Altes verjüngt. Denn das ist es, was Männer tun – so scheint Banksy uns zu suggerieren – sie verändern die Form, aber nicht die Substanz. Wenn die Sache anders aussieht, dann denkt man, dass sie wirklich anders ist.
Mein Platz 8: Kids on Guns. 2004. Die Silhouetten eines Jungen und eines Mädchens halten ihr Spielzeug in Händen, hoch oben auf einem Berg von Waffen. Das Mädchen hält einen herzförmigen roten Luftballon an einer Schnur. Es ist eines der Werke, das die Ikone des Ballon-Mädchens abbildet. Die Einfachheit und Strenge des Farbkontrasts verleiht sowohl Schönheit als auch eine tiefere Bedeutung und macht es zu einem der düsteren Werke des Künstlers. Hier als eine dreiteilige Montage – es fehlt aktuell nur die blau-gelbe ukrainische Flagge.
Mein Platz 7: Girl Frisking Soldier. 2007. Dieses Bild ist ein brillantes Beispiel für Banksys wirkungsvolle Gegenüberstellungen. Das Werk entstand auf der palästinensischen Seite der Grenzmauer im Westjordanland. Es zeigt einen israelischen Soldaten bei der Leibesvisitation durch ein Mädchen. Banksy scheint zu sagen: „Eines Tages werden unsere Kinder euch für eure Taten zur Verantwortung ziehen.“ Das wird nicht nur für das Westjordanland gelten.
Mein Platz 6: Game Changer. 2020. Corona-Pandemie. Banksys Bild einer Krankenschwester als Superheldin wurde einem britischen Krankenhaus als emotionale Unterstützung gespendet. Es zeigt einen kleinen Jungen, der in Latzhose und T-Shirt neben einem Papierkorb kniet, in dem seine Spiderman- und Batman-Figuren liegen. Seine neue Superheldin ist jetzt eine Krankenschwester. Der Künstler hinterließ eine Nachricht für das Krankenhauspersonal: „Danke für alles, was Sie tun. Ich hoffe, das erhellt diesen Ort ein wenig, auch wenn es nur schwarz-weiß ist.“ Das symbolträchtige Bild wurde im März 2021 für 16,75 Mio. Pfund (19,45 Millionen Euro) bei einer Auktion bei Christie‘s versteigert – weit über Schätzwert, der bei 2,5 bis 3,5 Millionen Pfund lag. Der Erlös wurde dem britischen Gesundheitsdienst NHS gespendet.
Mein Platz 5: English Maid. 2006. Auch bekannt als „Sweep It Under – The Carpet Maid”. Banksy erklärte die Bedeutung hinter dem Bild: „In den schlechten alten Zeiten, als nur Päpste und Prinzen das Geld hatten, um für ihre Porträts zu bezahlen, ist dies ein Porträt eines Zimmermädchens namens Leanne, die mein Zimmer in einem Motel in Los Angeles gereinigt hat. Sie war eine ziemlich temperamentvolle Dame.” Das Bild sollte allerdings auch in so manchem Büro hängen, wo gelegentlich etwas unter den Teppich gekehrt wird.
Mein Platz 4: Show me the Monet. 2005. Das Bild bezieht sich auf das impressionistische Meisterwerk „The Waterlily Pond“ von Claude Monet und verwandelt die Idylle des Gartens in Giverny in einen Müllabladeplatz. Die entsorgten Einkaufswagen kritisieren hier eine konsum-orientierte Gesellschaft. Neben der Missachtung der Natur steckt in Titel und Werk auch die Kritik am Kunstmarkt: Der Name Monet ähnelt in seiner Aussprache dem englischen Wort „Money“ und so kann die Bezeichnung als „Zeig mir das Geld“ anstelle „Zeig mir den Monet“ gelesen werden. Das Werk ist für 7,6 Millionen Pfund (8,4 Millionen Euro) versteigert worden.
Mein Platz 3: No Future. 2010. Dieses Graffiti erschien 2010 an der Mauer eines Privathauses in Southampton, England. Ein kleines Kind sitzt zusammengekauert auf der Straße mit einem Luftballon in der Hand. Das Rund des Ballons formt das „O“ im Schriftzug „No Future“ (ohne Zukunft). Angesichts der heutigen Krisen: Welche Zukunft haben unsere Kinder und Enkelkinder?
Mein Platz 2: Peace Dove. 2007. Bethlehem, ein besonderer Ort des israelisch-palästinensischen Konflikts: Erstmals wurde die Friedenstaube mit schusssicherer Weste dort an ein Gebäude mit Einschusslöchern gezeichnet. Sie schaut auf einen israelischen Wachturm. Aber solche „Wachtürme“ gibt es vielerorts auf dieser Welt.
Mein Platz 1: Girl with Balloon. 2002. Für mich ist das der Klassiker überhaupt, auch wegen der Geschichte dazu. Das Werk zeigt ein Mädchen, dessen Haare und Kleid im Wind wehen und das nach einem roten, herzförmigen Luftballon greift. Oder ihn losgelassen hat? Die Geste und der rote Luftballon können auf viele verschiedene Weisen gelesen werden kann. Dieses Werk erschien ursprünglich 2002 in der Londoner Southbank, wurde aber später von der Stadtverwaltung übermalt. Daraufhin produzierte Banksy es in einem neuen Kontext und veröffentlichte eine geringe Auflage als unsignierten und signierten Siebdruck. Einer von seinen gerahmten Drucken aus dem Jahr 2006 stand zur Versteigerung an. Wenige Augenblicke, nachdem das Bild für 860.000 Pfund verkauft wurde, löste der heimlich in den Rahmen eingebaute Schredder aus und zerstörte die Leinwand. Mit diesem Statement zur Kommerzialisierung seiner Arbeit schrieb Banksy in der Kunstbranche Geschichte. Am 14. Oktober 2021 wechselte das halb geschredderte „Girl with Balloon“ mit seinem neuen Titel „Love is in the Bin“ den Besitzer. Im Londoner Auktionshaus Sotheby‘s kam das Werk für 16 Millionen Pfund unter den Hammer.

In Hamburg sind wohl 150 Banksy-Werke ausgestellt. Vielleicht vermisst jetzt jemand hier ein Bild. Ok, vielleicht habe ich davon kein Foto, oder es gehört eben nicht zu meinen Top 10. Geschmäcker sind halt verschieden und jeder mag seine interpretierende Sichtweise haben.


023 [Inhaltsverzeichnis]

Ha Ha mit der Bahn

So. Nach unserem ersten Versuch vorgestern hat es gestern geklappt: Auf mit der Bahn in die große Hansesadt Hamburg. Ha Ha, bitte versteht das wie ein ironisch gemeintes na toll, wenn etwas nun überhaupt nicht toll ist. Ich sag’s mal so: Genießen sie ihr Leben in vollen Zügen! Und dass einige trotz auffordernder Durchsagen die Maskenpflicht ignorieren, das verbuche ich auch unter Ha Ha …. Egal, Frau P. und ich waren uns nachher jedenfalls einig: Das müssen wir nicht noch einmal haben.

Fun Fact am Rande: Weil der Zug wegen außerplanmäßiger Stopps nicht pünktlich war, ertönte diese Durchsage des Zugführers:
Wir erreichen Hamburg leider 10 Minuten später. Die Informationen zu den weiterführenden Zügen können sie also vergessen. Wir haben unsere Verspätung aber angekündigt, vielleicht warten die Züge, geben sie also Hackengas, vielleicht erreichen sie ihren Zug dann noch. Ha Ha. Nicht jeder Reisende hat diesen Humor geteilt. Dann noch das: Die eine Treppe war gesperrt, alle mussten sich dort vorbei drängeln. Da war nix mit Hackengas. Nee, nee, dat is nix för ole Lüüd.

Ganz ehrlich: Irgendwie hinterlässt der gesamte Bahnhofsbereich einen schmuddeligen Eindruck bei uns. Dieser viele Müll, diese Gerüche – nö, god to wege is wat anners.

Die Banksy-Ausstellung hat uns auf alle Fälle sehr gefallen. Demnächst wahrscheinlich mehr davon. An dieser Stelle nur dieses Werk von dem Künstler aus dem Jahr 2006 – Sweep It Under – The Carpet Maid. Ja, zum Fegen gibt es a) auf dem Ha Ha Bahnhof genug – und b) wird der Ha Ha Politik vorgeworfen, zu viel gefegt zu haben – und zwar unter den Teppich. Das in Zeiten als Bundeskanzler Scholz dort Bürgermeister war und nun Erinnerungslücken behauptet, wie das denn so alles mit der Cum-Ex-Geschichte war.

Ach ja, wenn das gute alte Ha Ha Rathaus doch erzählen könnte. Die Cum-Ex-Ermittler würden gerne zuhören – denn Neues hörten sie gestern nicht, als Olaf Scholz vor dem Untersuchungsausschuss im Ha Ha Rathaus vorgeladen war.
Zum Hintergrund: Die Ha Ha Privatbank Warburg hat sich über Cum-Ex-Geschäfte durch eine vermeintliche Lücke im Steuerrecht Kapitalertragsteuer erstatten lassen, die nie gezahlt worden ist. Inzwischen ist durch den BGH endgültig geklärt, dass das eine strafbare Steuerhinterziehung ist. Trotz alledem hat die Ha Ha Finanzbehörde 2016 auf eine Rückzahlung von über 47 Mio Euro verzichtete und den Anspruch (steuerrechtlich) verjähren lassen. Die große Frage ist, wie es dazu kam? Olaf Scholz, seinerzeit Ha Ha Bürgermeister, weiß das nicht (mehr) und will auf alle Fälle nichts damit zu tun haben. Ha Ha! Eine Verjährung weiterer Steuerforderungen wurde Ende 2017 erst durch eine Weisung aus dem Bundesfinanzministerium (Minister Altmeier) verhindert. Letztlich wurde die Warburg Bank 2020 vom Landgericht Bonn (nicht Ha Ha!!) dazu verurteilt, sämtliche durch die Cum-Ex-Geschäfte zu Unrecht erhaltenen 176 Mio Kapitalertragssteuern zurückzuzahlen (inkl. der 47 Mio, weil illegal aus einer Straftat stammend). Natürlich gilt für Olaf Scholz in dubio pro reo, im Zweifel für den Angeklagten. Nur ist unser amtierender Bundeskanzler (noch) kein Angeklagter, sondern Zeuge – und als solcher kein guter. Dat is man gar nich god för’n Budeskanzler un ik segg mol so: De Drops is noch nich gelutscht!


022 [Inhaltsverzeichnis]