Olaf und das Unterhaltungsbusiness ;)

„Ich weiß, dass Journalismus auch ein Unterhaltungsbusiness ist und dass
Sie deshalb natürlich es ganz doof finden, dass wir uns einfach einigen.“

Moin. Das nenn‘ ich norddeutscher Humor, aber er bringt es auf den Punkt: Olaf Scholz, EU-Presskonferenz am 24.03.2023 in Brüssel. Nur wenige Politiker sagen das gelegentlich so deutlich, trauen sich, auch Journalisten mal den Spiegel vorzuhalten. Meist wird doch jedes vor die Nase gehaltene Mikrofon genutzt, um etwas zu sagen, selbst wenn es nichtssagend ist und nur der Selbstdarstellung dient – gefangen oft in der eigenen Eitelkeit. Anders unser Bundeskanzler. Noch so ein Zitat von ihm, gesagt am 30.11.2021 in den Tagesthemen: „Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht nicht zu denen zu gehören, die jeden Tag eine aufgeregte Meldung weitersagen, teilnehmen an einem Grundrauschen, bei dem nachher keiner mehr weiß, worum es eigentlich geht.“

So tickt er eben, unser Regierungschef. Aller Kritik zum Trotz, er sei ein wandelndes Kommunikationsdesaster, sogar das Verb scholzing / deutsch: scholzen wurde für ihn erfunden, lässt er sich nicht von seinem Weg abbringen. Mitunter scheint es ihm sogar Freude zu bereiten, das Klischee des kühlen Hanseaten zu erfüllen und zum Verdruss so mancher Journalisten nur dann etwas zu sagen, wenn es etwas zu sagen gibt – und nicht dann, wenn Medienschaffende dies gerne hätten. Eine Plaudertasche ist er wahrlich nicht. In Krisenzeiten wie diesen kann man das als besonnenes Handeln bezeichnen, muss man aber nicht. Ich verstehe jeden, der vom Kanzler mehr verständlich erklärende Ansprachen erwartet – denn nur wer verstanden wird, kann auch überzeugen.

Glück – oder wat?

Ok, mit den Glücksmomenten ist das oft wie mit dem Toilettenpapier: Für die einen ist es zum …, also ein notwendiger Hygieneartikel, für andere die längste Serviette der Welt. Oder so ähnlich 😉

Die Trennung des FC Bayern München von seinem Trainer Julian Nagelsmann ist so ein Fall: Medial ein absoluter Glücksfall, das ist Stoff für viele Tage, vielleicht empfindet auch der neue Trainer Thomas Tuchel seine Anstellung bei den Münchenern als Glück. Für die anderen Protagonisten, besonders für den geschassten Trainer und den Finanzverwalter des FC-Bayern, ist das ein mittleres Desaster.

Aber so ist das Business, davon leben die Medien, das Unglück anderer macht Journalisten glücklich. Sind wir doch mal ehrlich: Würde irgendein mittelständisches Unternehmen mit einem Dreiviertel-Milliarde-Umsatz – nichts anderes ist der FC-Bayern – einen leitenden Angestellten entlassen, weil der nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt, niemanden würde es interessieren. In der religionsgleichen Fußballwelt ist das natürlich etwas anderes, der Boulevard ist voll mit Experten – inklusive deren ultimativen Weisheiten. Müßig zu erwähnen, dass der Konjunktiv nicht zu deren Stärke gehört und Emotionen gleich Fakten sind.

Nur noch ein Satz dazu: Rein nach den Fakten, nach den Ergebnissen, war die Entlassung des Trainers einer gewissen Logik folgend nur eine Frage der Zeit und stand seit Monaten im Raum. Der Rest ist …, na ja, ich erlaube mir an dieser Stelle Dieter Nuhr buchstabengetreu zu zitieren: „Das ist Journalismus heute. Allzuoft völlig faktenfrei, aber herrlich unterhaltsam. Die früher übliche Trennung aus Fiction und Reality ist offenbar völlig obsolet ….“

Ich bin mir sicher, dass Kanzler Olaf der Erste nicht unbedingt ein Nuhr-Fan ist, aus Gründen, aber beim Lesen dieser Aussage beifällig nicken würde – was bei ihm schon fast ein emotionaler Ausbruch wäre. Leider kommt es immer wieder vor, dass medial ein anderes Stimmungsbild vorherrscht als in der Mehrheit der Bevölkerung. Das war während Corona der Fall und bei den Panzerlieferungen auch. Auch jetzt gibt es wieder diesen Stimmungsjournalismus, Stichwort Unterhaltungsbusiness, wenn Deutschland in Sachen E-Fuels (ADAC dazu) als einsamer EU-Blockierer hingestellt wird. NEIN! Ohne Deutschland gab es lediglich keine qualifizierte Mehrheit mehr für das Verbrenner-Aus ab 2035, was heißt, dass auch andere Länder den EU-Vorschlag nicht so toll fanden. Ich meine, mit dem jetzt gefundenen Kompromiss und theoretisch möglichen E-Fuel-Autos vergeben wir uns doch nichts und bleiben technikoffen. Immerhin wird es über 2035 hinaus noch einen global sehr großen Markt außerhalb der E-Mobilität geben und die automobilen Weltmarktführer wie die Volkswagen AG und Toyota Motor-Corporation werden sich – zum Wohle und in Erwartung ihrer Aktionäre – dem Markt stellen. Praktisch hingegen sehe ich E-Fuel-Pkw für den EU-Massenmarkt hingegen nicht – allein wegen der Kosten und damit verbundenen Verfügbarkeit. Wie auch immer, zum Schutz von … und garantiert emissionsfrei bleibt noch der Gang zu Fuß. Glücklicherweise. So ich gleich … 😉


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Karlsruhe, wir haben ein Problem …

Ein Kommentar von Sven Meier zur Wahlrechtsreform

Das Bild ist mit der Seite des BVerfG verlinkt.

Das Bundestagswahlrecht regelt die Wahl der Mitglieder des Deutschen Bundestages. Den Rahmen dafür gibt Art. 38 Grundgesetz vor: Die Wahl muss allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim erfolgen. Alles andere, das konkrete Wahlsystem, beschließt der Bundestag für sich selbst mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder durch ein Bundeswahlgesetz.

Soweit die Theorie. In der Praxis ist das Bundeswahlgesetz Gegenstand von Debatten seit Bestehen der Bundesrepublik und hat im Laufe der Jahre zahlreiche Änderung erfahren. Oder erfahren müssen, weil das Bundesverfassungsgericht so entschieden hat.

Gestern haben die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP mit ihrer Mehrheit gegen die Opposition ein neues Bundeswahlgesetz verabschiedet und schon vor der Abstimmung war klar, dass die Karlsruher Richter dazu das letzte Wort haben werden.

Schauen wir heute in die Kommentarspalten und schieben alle Mutmaßungen zur Seite, wie vielleicht, möglicherweise, eventuell unsere Verfassungsrichter über das Gesetz urteilen könnten, bleibt eine überfällige und ebenso tiefgreifende Wahlrechtsreform. Überfällig, weil über mehrere unionsgeführten Wahlperioden hinweg insbesondere die bayerische CSU alle Ansätze blockiert hat, im Konsens einen Weg zu einem kleineren Bundestag zu finden, und tiefgreifend, weil mit dem Wegfall der Grundmandatsklausel und den Überhangs- und Ausgleichmandaten quasi mit der Tradition gebrochen wird.

Die Grundmandatsklausel sichert aktuell die parlamentarische Existenz der Linkspartei, was der Demokratie im Land sicher nicht schadet. Fraglich ist allerdings der Rechtsanspruch – genau wie der, ob jeder direkt – oft lediglich mit einer knappen relativen Mehrheit – gewählte Bewerber in den Bundestag einziehen muss, obwohl es das Zweitstimmenergebnis der Partei nicht hergibt. Verfassungsrechtlich sehe ich diese Rechtsansprüche nicht – allen emotionalen Äußerungen aus Reihen der CDU/CSU und von den Linken über die angebliche Missachtung des Wählerwillens zum Trotz. Wie auch immer, Karlsruhe wird das Probleme lösen (müssen).


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Die Tiernamen sind jetzt aus …

… was kommt als nächstes?

Moin. Es war absehbar. Was ich denke, habe ich gesagt. Gestern, und davor und auch davor. Punkt. Ich lasse jetzt andere reden und habe ein paar ausgesuchte Twitter-Screens für euch:

Was sich beim ARD-Korrespondenten Markus Preiß schon fast wie eine Legendenbildung liest, …

… hat Ulrike Herrmann von der taz spät abends im ZDF sinngemäß so auf den Punkt gebracht: Ohne das Beharren von Scholz auf gemeinsam abgestimmtes Vorgehen der NATO würden keine amerikanischen und französischen Schützen- und Kampfpanzer in die Ukraine geliefert. Ist das die von Scholz versprochene Führung? Das kann man so sehen – muss man das auch?

Das fand RTL/ntv-Journalist Nikolas Blome gestern Abend vielleicht noch witzig, …

… beim Hauptstadt-Journalisten Tilo Jung klang es dann schon etwas konkreter, wenn auch noch nebulös.

Der SPIEGEL hatte heute Morgen schon mehr Wissen und die von mir eingefügten Sprechblasen entsprechen dem Artikel.

Last but not least die Tagesschau von heute Morgen. Lest es selbst, ich erlaube mir aus dem ARD-Text nur einen Satz herauszukopieren:
>> Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bejubelte die geplante Lieferung an sein Land geradezu euphorisch – und stellte sogleich weitergehende Forderungen nach modernen Kampfjets. „Halleluja! Jesus Christus!“, schrieb er auf Twitter. <<

Ich enthalte mich dazu jeglichen Kommentars, ihr dürft euch hier aber gerne auslassen 😉


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