Expertenrunde

Moin. Gestern auf meinem Nachhauseweg höre ich den Radio-Moderator unken, dass die 83 Millionen Fußball-Bundestrainer jetzt zwar auch einen Schnellkurs in Handball belegt hätten und mit ihrem Experten-Wissen alles besser wüssten, aber niemand habe unsere Hockey-Herren auf dem Schirm gehabt – und plötzlich sind DIE Weltmeister. Und nicht die Handballer. Und die Fußballer schon gar nicht. GLÜCKWUNSCH!

Erwähnung am Rande und auch GLÜCKWUNSCH an unsere Nachbarn: Neuer Handball-Weltmeister ist Dänemark. Gestern Abend. Im Endspiel gegen Frankreich. Können die Franzosen nur noch Vize? Ich meine nur, weil wegen Katar, Endspiel gegen Argentinien. Ich glaube, ich muss mal einen von diesen Experten fragen. Oder zählt zweimal Vize mehr als einmal einmal Meister? 😉

Nee, im Ernst: Bevor ich mich hier wieder über die deutschen Stereotypen amüsiere, das mit den 83 Millionen Bundestrainern ist natürlich maßlos übertriebener Quatsch. Höchstens die Hälfte interessiert sich überhaupt für Sport und verfügt über ein unendliches Experten-Wissen.

Die andere Hälfte, das sind nämlich die Diplom-Universalexperten – Schwerpunkt Krisenmanagement. Gestern noch als Virologie-Pandemie-Fachleute unterwegs, sind sie nun Ukarine-Russland-Marder-Leopard2-Kriegspartei-Experten. Ach so, von Energie verstehen sie natürlich auch etwas. Und Klima können sie auch, aber nur ein bisschen und das im Nebenfach.

Ja, ja, unsere Experten. So beruhigen sie uns mit ihrem Wissen, dass Deutschland im russisch-ukrainischen Krieg wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine völkerrechtlich keine Kriegspartei ist. Ja, ok, mag sein, aber mich beunruhigt, dass sich Putin-Russland in den letzten Jahren nun so gar nichts aus dem Völkerrecht gemacht hat. Brauchen die im Moskauer Kreml jetzt Nachhilfe von unseren Experten?

Wobei: Auch Experten können irren, irren manchmal sogar gewaltig. Wie war das noch im Februar 22, vor dem 24.? Ich höre noch die Stimmen, dass Russland niemals nie nich die Ukraine angreifen und einen Krieg vom Zaun brechen würde.
Tja, verirrt, verirrt sprach der Igel und stieg von der Drahtbürste – die Realität ist leider eine andere und traurige.

Dazu kommt. dass manche, die von Berufs wegen Experten sein sollten, sich auch den ein oder anderen Fauxpas leisten. Ok, man kann sich ja mal versprechen – und wer dann den sprichwörtlichen Schaden hat, muss sich um den Spott nicht sorgen. Die Medien freut’s, sowas bringt Klicks und die bringen Geld in die Kasse.

Apropos Klicks: Mathias Döpfner, Chef des Axel-Springer-Verlags, hat bei seinen Zeitungen Bild und Welt Sparmaßnahmen angekündigt. Ebenso beim Sender Bild TV wegen enttäuschender Zuschauerquoten. Langfristig soll Springer ein digitales Medienunternehmen ohne gedruckte Zeitungen werden. Stell dir vor, es gibt nur noch Bild-Online und keiner klickt’s an 😉

Das möchte ich noch loswerden: Irgendwie absehbar kommen jetzt die Rufe der Ukrainer nach Flugzeugen und Schiffen. Verständlicherweise wollen sie alles haben, was schießt. Nicht nur am Boden, auch im Wasser und in der Luft. Der ukrainische Undiplomat Melnyk fordert nun die im Dezember ausgemusterte Fregatte Lübeck. Nee, nein, nicht mit mir! Und schon gar nicht ‚unsere Lübeck‘! Das hat die altgediente Fregatte nicht verdient!

Ich hoffe nur, dass sich unser Bundeskanzler Scholz an sein Versprechen – so habe ich es verstanden – hält und das von ihm am 25. Januar vor dem Bundestag eingeforderte Vertrauen nicht missbraucht. Und ich hoffe inbrünstig, dass er nicht irgendwann demnächst wieder an Gedächtnisschwund leidet, sich nicht mehr erinnern kann. Oder wie war das mit Cum-Ex in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister? Das Thema ist so wie so noch nicht durch und weitere Erinnerungslücken wären ein Entlassungsgrund. Punkt!

So, das war gestern so etwas wie ein satirisch angehauchter Screenshot-Abend. Up Platt seggt wi: De Minsch warrt jümmers to fröh oolt un to laat klook. Und auch wenn ich trotz fortgeschrittenen Alters kein Experte in alledem bin, ein bisschen Ahnung habe ich vom Alltäglichen, das bringt meine (Ehrenamts)-Job so mit sich – und diese Leute haben andere Probleme:

Es wäre schön, wenn es auch zu diesen Themen so viele Experten geben würde. Nein, vielleicht falsch ausgedrückt: Es gibt sie, gute und vom Fach, aber die finden m. E. nicht das Gehör, was in der Sache angemessen wäre. Das ist oft leider Realsatire.


071 [Inhaltsverzeichnis]

Bildlich gesprochen …

… macht anschaulich!

Moin. Die letzten Tage waren Sofa-Lese-Tage – teils dem Wetter, teils meinem Besucher Herrn Bechterew geschuldet. Na ja, es is eben wie’s is, Zeit um ein bisschen in der digitalen Welt zu stöbern.

Auf einer Seite unserer dänischen Nachbarn lese ich, ich nenne das Klagen auf hohem Niveau, dass Dänemark im The Digital Economy and Society Index (DESI) der EU nur noch auf Platz 2 steht. Nun muss das DK-Außenministerium seinen Text ändern 😉 Aber im Ernst: Solange unsere Nachbarn die Faxgeräte in BRD-Behörden als deutsche Email bezeichnen, kann es so schlimm nicht sein. Wir in Analog-Tyskland haben hingegen noch viel Luft nach oben. Sehr viel 😉

Lothar Wieler geht. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass er zum 1. April sein Amt als Präsident des Robert Koch-Instituts niederlegen wird. Für die einen war er eine wichtige Stimme der Vernunft, andere haben sich an ihm abgearbeitet – sehr häufig wider besseres Wissen. Dabei könnte man sich das aneignen … oder zumindest offen dafür sein. Das Zitat ist bestätigt, die neue Schreibweise seines Namens im Bildtext nicht 😉

Ach ja, das mit dem Wissen. Ich find’s schade, wenn sich Leute unbelehrbar zeigen und Fakten mit Meinung verwechseln. Und schlimm find‘ ich’s, wenn sog. alternative Fakten offensiv verbreitet werden. Einer der nicht müde wird, dagegen anzuschreiben, ist – u. a. – der Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Weil zuletzt mal wieder Fakes die Runde gemacht haben, hat er unlängst diese Grafik veröffentlich, mit dem Begleittest:
Nein: Die Klimakrise ist nicht natürlich und kommt nicht von der Sonne. Nein: Es gibt keinen Abkühlungseffekt. Die Erderhitzung wird immer schneller. Ja: Die #Erderhitzung ist dramatisch und existenzbedrohend!

Dieser Beitrag von ihm nebst Grafik stammt vom 1. Januar: Derzeit kann die Politik weder ihre eigenen Ziele aus dem #Klimaschutzgesetz noch das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten. Das sind übrigens keine von ihm ausgedachte Zahlen, sondern die sind in allen seriösen wissenschaftlichen Arbeiten nachzulesen. Eine düstere Prognose, die uns doch allen zu Denken geben sollte. Und bitte: Wir sollten keine Wette auf die Zukunft eingehen, dass wir das alles mittels irgendwelcher Technologien schon irgendwie in den Griff kriegen werden und alles nicht so schlimm wird.

Auch diese Zahlen sind interessant, weil immer wieder – ideologisch – der Weiterbetrieb unserer verblieben drei deutschen Atomkraftwerke gefordert wird. Zum Vergrößern gerne auf die Grafik klicken. Ja, das sind ganz offizielle aktuelle Zahlen. Mit einem Text von Daniel Schwerd (Die Linke, ehemals Piratenpartei). Nun mag jeder für sich entscheiden, wie unverzichtbar die Kernenergie ist – oder ob wir nicht besser alles daran setzen sollten, die Erneuerbaren schleunigst auszubauen?

Irgendwie köstlich: Was wären wir ohne den US-amerikanischen Sender NBC und seiner Komödie The Office und der ZDF-heute-show? Irgendwie traurig: Das ist das miese rechtspopulistische Niveau deutscher Oppositionspolitiker:innen und zielt auf die niederen Instinkte. Oder gilt hier einmal mehr der Satz: Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe?

So ist das, Bilder sagen manchmal mehr als tausend Worte. Aber nicht immer. Manchmal bedarf es auch der Worte, um Emotionen so auszudrücken, wie es kein Bild vermag. Ein gutes Beispiel dafür ist das ARD-Selenskyj-Interview von gestern. Beeindruckend. Nur das allein für sich genommen: Wer will den Ukrainern jetzt noch die Leopard-Panzer verweigern? Doch dieses Interview ist natürlich nur eine Momentaufnahme und die deutsche Gesellschaft zeigt sich nach dem jüngste ARD-Deutschlandtrend gespalten – mit deutlichen Meinungsunterschieden zwischen West- und Ostdeutschland und Jung und Alt. Tja, wir werden sehen. Demnächst bestimmt mehr dazu.


065 [Inhaltsverzeichnis]

Auf der Suche nach der roten Linie

… oder wie aus 5.000 Helmen 40 Marder-Schützenpanzer wurden …

Moin. Mehr als zehn Monate sind nun vergangen, seit Russland die Ukraine am 24. Februar 2021 angegriffen hat. Und ganz ehrlich: Wer hat seinerzeit daran geglaubt, dass sich die Ukrainer so vehement verteidigen, zu Opfern bereit sind und ihrem Präsidenten Selenskyj bedingungslos folgen? Na? Und wer ist davon ausgegangen, dass die Russen ihre Spezialoperation in ein paar Wochen erledigt haben würden?

Ich weiß nicht, was unsere Pannenministerin geglaubt hat, als sie im Vorfeld des russischen Angriffskrieges der Ukraine 5.000 Helme als „ganz deutliches Signal“ versprochen hat. „Ausrüstung statt Waffen“ hieß es und das war noch im Februar 2021 so etwas wie die rote Linie der Bundesregierung. Offiziell. Oder die des Bundeskanzlers Scholz. Wie auch immer. Der Rest ist Geschichte: Einer gewissen Logik des Krieges und der zugesagten Unterstützung folgend ist Deutschland nach diversen Waffenlieferungen an die Ukraine mittlerweile, seit gestern, bei zunächst 40 Marder-Schützenpanzern angelangt.

Dabei ist die rote Linie mehrfach verschoben worden und wir dürfen uns fragen, wo sie jetzt zu finden ist? Und wo morgen? Denn schon lange brodelte in der Politik ein Panzer-Streit und der dürfte mit der Forderung nach der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern weitergehen. Und dann?

Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend hielt knapp jeder zweite Deutsche die bisherigen Waffenlieferungen an die Ukraine für angemessen. Die Umfrage wurde allerdings vor der Bekanntgabe der Schützenpanzer-Lieferung abgeschlossen. Ich bin auf die nächste Umfrage gespannt. Bisher folgten die Ergebnisse Pi mal Daumen dem Handeln der Bundesregierung. Die Argumente Für und Wider kann ich beide verstehen. Einerseits haben die Ukrainer alles Recht der Welt, sich zu verteidigen und sich besetztes Terrain zurückzuholen, koste es was es wolle, anderseits birgt natürlich jedes Verschieben der roten Linie seitens der NATO-Staaten zu immer schwereren Waffen hin auch eine gewisse Gefahr.

Allerdings, meine Meinung: Nach allem, was wir – damit meine ich uns als NATO-Staaten und allen voran die USA – bereits in die Ukraine geliefert haben, werden wir jetzt durch die Schützenpanzer aus Frankreich, den USA und eben auch Deutschland, nicht mehr zu Kriegsparteien, als wir es ohnehin schon sind. Außerdem entscheidet Putin, wer für ihn Kriegspartei ist und wer nicht. Und die US-Amerikaner um Präsident Biden entscheiden, in welcher Güte Waffen in die Ukraine geliefert werden. Denn auf die Frage, ob am Ende auch schwere deutsche Leopard-Kampfpanzer geliefert werden, soll Scholz geantwortet haben: „Ja, wenn es den Amerikanern militärisch sinnvoll erscheint.“

Tja, als Resümee bleibt, dass weiter gestorben wird. Die einen sterben für ihre – vielleicht auch unsere europäische – Freiheit, die anderen für das imperialistische Großmachtgehabe ihres Diktators. Das ist Politik. Und die Aktionäre der Rüstungsfirmen werden immer reicher. Das ist Wirtschaft. Habe ich etwas vergessen?


062 [Inhaltsverzeichnis]